Bauernverein Reiden und Umgebung.
Actum, 19. Jänner 1873. «Nachdem eine Anzahl Landwirthe aus hiesiger Gemeinde das Bedürfniss haben, es sei zur Förderung und Hebung sowohl unserer Landwirthschaft als auch der Forstwirtschaft die Gründung und Pflege einer Section des Luz. Bauernvereins von wohlthuendem und fortschrittförde,rndem Einfluss, ja, bei den gegenwärtigen Verhältnissen, sogar eine dringende Nothwendigkeit, eine derartige Vereinigung zu gründen. Man war auch allseitig der richtigen Ansicht, dass auf dem Wege gemeinsamer Beratung und Belehrung in dieser Sache viel bessere Resultate erzielt werden können, als wenn jeder seine Studien und Proben für sich alleine macht, voraussetzlich, dass auch der einzelne Bauer kein Unfehlbahrer ist.
Man war ferner der entschiedenen Ansicht, es sei nahmentlich von Reiden und Umgebung zu diesen Forschungen-im Verhältnis zu andern Ortschaften des Kantons-viel zuwenig beigetragen worden und dies nahmentlich zum gemeinschaftlichen Wohl der löbl. Bauernsame, erwägend auch, dass in hiesiger Gemeinde Landwirthe und deren Freunde genug seien, die sich einer solchen Section gerne anschliessen und durch ihre Leistungen derselben auch bald Leben verschaffen werden, nahmentlich wenn diesem schönen und edlen Zwecke, die eben ein Bauernverein zum Ziele setzt, recht ins Auge gefasst wird.
Gestützt auf die vorerwähnten Kundgebungen kam man nun zu dem ehrenwerten Schluss, es sei mit tunlichsten Beförderungen dahin zu wirken, dass in der Gemeinde Reiden eine Section des Luz. Bauernvereins ins Leben gerufen werden soll. Hierauf wird sodann ein Komitee bestehend aus den Herren Alfred Elmiger und Aug. Marfurt beauftragt, eine Versammlung einzuberufen.
Dieser Auftrag wurde getreulich ausgeführt und wenigstens 50 Bürger der Gemeinde und Umgebung zu einer Versammlung auf Sonntag, 15. Dezember 1872 abends 4 Uhr in die Restauration eingeladen; da jedoch an diesem Tage ungemein ungünstige Witterung eintrat, so konnte eine starke Beteiligung nicht in Aussicht stehen. An dieser Versammlung nahm nun die verhängnisvolle Zahl von 13 Mitgliedern teil und da sich alle für die Gründung einer solchen Section ausgesprochen haben, wurde folgender Beschluss gefasst:
Die Luz. Bauernverein Section Reiden sei hiermit constituiert und sämtliche Anwesende, sowie auch Herrn Niklaus Aecherli, Oeler in Reiden, der nicht anwesend ist schreiten nun zur Wahl des Comitees von 3. Mitgliedern.
Soweit das erste Protokoll.
Der Bauernverein regelt Zusammenarbeit mit der Käsereigenossenschaft und gründet Unterorganisationen
Die Verbindung mit der Käsereigenossenschaft war von Anfang an besonders eng. Die Verträge mit den jeweiligen Käsern gestalteten sich stets etwas kompliziert und gaben viel zu schreiben (und zu reden!) Damals wurde - beispielsweise - die Sommer- und die Wintermilch nicht gleich bezahlt. Im Jahre 1882 wurde zum Beispiel dem Produzenten für 50 kg Milch bloss Fr. 6.75 (!) entrichtet. Der Bauernverein führte im Jahre 1883 den ersten Futterbau- und Düngerlehrkurs durch. 1884 erfolgte die Gründung des landw. Vereins «Reiden-Langnau-Wikon» und 9 Jahre später - am 1. Juli 1893 - diejenige der Landw. Genossenschaft.
Die Gründung der Landw. Genossenschaft Reiden
Am 1. Juli 1893 (in diesem Jahre herrschte infolge Dürre eine grosse Notlage) erfolgte die Gründung der Landw. Genossenschaft Reiden. Als 1. Präsident wählte die Versammlung Gustav Elmiger.
Der Zweck der neugegründeten Organisation besteht darin, durch gemeinschaftlichen Ankauf von Saatgut für Grünfutterpflanzen, Kraftfuttermitteln und schnellwirkenden Dünger, den Landwirten zu dienen.
Die nachfolgende Tätigkeit der Landw. Genossenschaft kennzeichnete sich durch eine rege Aktivität. Zahlreiche Kurse, Weiterbildungsabende, Veranstaltungen und Vorträge befruchteten das Vereinsleben. 1924 kam dann die vorübergehende Stillegung des Vereins, der dann 1937 eine Wiederbelebung erfuhr.
Geschäftsführer: | Josef Aecherli, Mehlsecken |
als Mitglieder: | Casimir Räber, Langnau |
Brodbeck, Wikon | |
Vinzenz Studer, Pfaffnau | |
J. Marbach, Dagmersellen | |
J. Ackermann, Richenthal |
In diesen beiden Vorkriegsjahren gelangten dann wiederum verschiedene vereinsinterne Weiterbildungskurse (Futterbau, Düngerkurs, Flurbegehung) zur Durchführung, bis dann eine weitverbreitete Maul- und Klauenseuche und bald darauf auch die Kriegsmobilmachung die Vereinstätigkeit stark beeinträchtigten. Die Milchkontigentierung, die allerdings bei Kriegsbeginn aufgehoben wurde, und die berühmte Anbauschlacht zum Überleben des Schweizervolkes sind vielen von uns noch in lebhafter Erinnerung. Der Arbeitskräftemangel und die Mehranbaupflicht (in Reiden 36% mehr) forderten riesige Anstrengungen der Landwirtschaft.
1942 kam es - wegen einer Meinungsverschiedenheit - zum Bruch mit Wikon.
Der Verein und die Kriegsjahre 1939-45
1937 fanden sich wieder Idealisten bereit, den Verein aufzufrischen. Neue Statuten, die heute noch gelten, wurden genehmigt. Unter Präsident Baumann H. und Aktuar Soler Jules wurde die erste Generalversammlung, an der sich 45 Mitglieder beteiligten, abgehalten.
Ein wichtiger Meilenstein: Die Schaffung einer Viehversicherungskasse im Jahre 1947
Ab 1942 marschiert der Bauernverein alleine unter Führung von Hans Meier. 1944 wurde ein 3-tägiger Viehzuchtkurs und 1946 ein 6-tägiger Obstbaukurs durchgeführt.
Im grossen Trockenjahr 1947 wurde die Viehversicherungskasse, deren Hauptzweck darin liegt, bei Notschlachtungen die Fleischverwertung sicherzustellen, ins Leben gerufen.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurde für 6 Fleckstiere einen Gemeindebeitrag ausgerichtet (Futtergeld). Ab diesem Jahr wurde dann zusätzlich ein Braunstier gehalten.
Die Engerlings- und Maikäferbekämpfung stellen zwei immer wiederkehrende Probleme dar. Die Ausmerzaktion Tbc kranker oder verdächtiger Viehbestände (in den 50er Jahren) und viele andere Aufgaben (Mäuse- und Unkrautbekämpfung etc.) stellen sich dem Bauernverein und der Viehversicherungskasse.
Ab 1950: Umstrukturierungen in der Landwirtschaft
In diesem Jahr, vor allem aber dann 1951/52 wird in unserer Gegend erstmals das Mutterkorn angebaut. Anfangs 1964 konstituiert sich eine Kommission zwecks Durchführung der Güterzusammenlegung, die dann aber schliesslich in einer historischen Abstimmung verworfen wird. Um der stetigen Kostensteigerungen auf dem Bausektor entgegenzuwirken, gründeten die Bauern 1964 eine Selbsthilfe-Baugruppe. 1963 und 65 grassierte wiederum die Maul- und Klauenseuche, was umfangreiche Impfungen zur Folge hatte.
Gegen das Ende der 60er Jahre plante man den Bau eines eigenen Schlachthauses, da man bei Notschlachtungen bei den Metzgereien immer wieder auf Schwierigkeiten stösst. Dieses Vorhaben scheiterte am Verhalten gewisser Instanzen.
Das Eisenbahnunglück von St. Leonard VS
Ein schwarzer Tag in der Geschichte der Bauernschaft bleibt sicher der 24. Juni 1968. Beim Eisenbahnunglück im Wallis verloren 11 Berufskollegen aus Pfaffnau das Leben. Von uns Reidern kamen die meisten glücklicherweise mit leichteren Verletzungen davon.
Die Aufgabe der Käseproduktion in Reiden
Die allgemeine Verschuldung greift um sich. Neue Maschinen, teure Bauarbeiten und grosse Löhne verschlechtern die finanzielle Situation in der Landwirtschaft. Als unmittelbare Folge davon, musste auch die Dorfkäserei in Reiden letztes Jahr ihren Betrieb einstellen. Dies ist ganz allgemein sehr zu bedauern, wenn auch mit der Abgabe der Milch an den Milchverband Luzern gewisse Vorteile verbunden sind.
Wichtige Daten
1873 | Gründung des Bauernvereins |
1884 | Gründung des landw. Vereins « Reiden-Langnau-Wikon» |
1893 | Aufbau der Landw. Genossenschaft Reiden |
1924 | Einfrierung dieses Vereins |
1937 | Wiederbelebung und neue Statuten |
1947 | Gründung der Viehversicherungskasse |
Ab 1950 | Ausmerzaktion Tbc-kranker oder verdächtiger Tiere |
1952/53 | Erstmalige Anpflanzung von Mutterkorn |
1968 | Eisenbahnunglück in St. Leonard |
1972 | Einstellung des Käsereibetriebes in Reiden |
Milchlieferanten der Käserei Reiden
1883 | allerdings zum Teil mit Moos und Wikon 44 Lieferanten 229 Kühe |
1906 | 60 Lieferanten |
1909 | 50 Reiden und 15 Reidermoos |
1914 | 45 Reiden |
1920 | 36 Reiden |
1972 | 22 Lieferanten in Reiden |
Die Vereinspräsidenten von 1873 - 1973
1873 |
Alfred Elmiger Joh. Berger |
Die ersten Mitglieder des Bauernverein
- Präsident: Herrn Alfred Elmiger
- Aktuar: August Marfurt
- Cassier: Alex Widmer, Schafmatt
Die übrigen costituierenden Mitglieder sind:
- Jost Häfliger, Neuhaus
- Alex. Widmer Corp. Präsident
- Niklaus Häfliger, Oeler
- Niklaus Widmer, Fabrikant
- Josef Hunkeler, Lehrer
- Andreas Bucher, Negotiant
- Niklaus Häfliger, Uelis
- Johann Elmiger, Haushalter
- Josef Schaller, Korp. Verwalter
- Max Steger, Maurermeister
- Johann Fischer, Schuster
Der Vorstand wurde nun beauftragt einen Statutenentwurf vorzubereiten und auf den 19. Jänner 1873 die erste Generalversammlung festgesetzt.
Die Mitgliederzahl stieg auf 26.
- Kasper Wälchli, Tierarzt, Brittnau
- Anton Häfliger V. Uelis
- Bonifaz Häfliger, Hinterberg
- Jakob Meier, z. Sonne
- Johann Greber, Käser
- Josef Marfurt, Landwirt, Unterwasser
- Rudolf Müller, Rechenmacher
- Josef Keist, Moos
- Ludwig Bühlmann, Moos
- Zimmerli Anton (Liesbeths)
- Marfurt Niklaus zur Restauration
- Burgherr Sager, Hintermoos