Die Johanneskirche auf der Kommende

Auf dem Bild von D. Herrliberg um 1758 sehen wir die Kommendegebäude von Reiden. Die Umschrift lautet: "Ein lustiger Sitz dem Malteserorden gehörig im Adelbode des Kantons Luzern". Das Bild zeigt das Ritterhaus mit der Kirche. Auf dem Dachfirst sass ein spitziges, mit dem Ordenskreuz versehenes Türmchen. Im Jahre 1813 ist die obere Kirche abgebrochen worden.
Über die innerhalb der Kommende gelegene Kirche St. Johannes des Täufers fehlen bis 1391 Belege, doch wurde sie ohne Zweifel mit dem Ritterhaus gegründet. Auf dem freien Hof zwischen den Gebäuden stand bis 1813 die Kirche der Komturei. Es wäre Aufgabe einer Ausgrabung, ihre für einen Gesamtgrundriss der Anlage wichtigen Mauerzüge zu finden. Nach den Visitationsprotokollen stiess die Kirche mit der Rückwand des Chors an die Umfassungsmauer der Kommende. Ihr First trug einen Dachreiter. Das Innere barg drei Altäre. Unter den Kultgegenständen befand sich, wie dies einem Johanniterheiligtum entsprach, ein Johanneshaupt in silberner Schüssel. Die 1796, also schon vor dem Abbruch, nach Aesch im Amt Hochdorf übertragenen Seitenaltäre, spätbarocke Arbeiten mit Tafelbildern der Enthauptung des Johannes und Kreuzigung vom Ende des 16. Jahrhunderts, werden daselbst beschrieben.
Über die Ordenskirche sind keine Baudaten vorhanden. Hingegen lässt sich auf Grund mehrerer, noch vorhandener Visitationsberichte von 1638-1788 die Anlage ziemlich genau feststellen.
Die Visitation zu Reiden nahm am 8. November 1638 Georg Burckardt von Schowenburg, Prior in Ungarn und Johannitermeister vor. S. 30 ff.: Die. Kirche. In des hawses Reiden hoff vnd einfang stehett ein feine vnd wolerbawte kirch, mittelmessiger grosse, so die rechte Pfaar vnd Muotterkürchen des fleckens zuo Reiden ist: die hatt drey altär, der Erste im Chor, von einem künstlich gemahlt- und zierlich eingefasten blatt ist in honorem SSmae. Trinitatis, Sti. Joannis Bp.tae., Rochi et Sebastian! Consecriert, darauff stehett ein schön geschnitzelt vnd vergülter Tabernacul : der ander zur lingcken ist in honorem Decollationis Sti. Joannis Bptae. Vnd Beatae Virg. Mariae vnd der dritte zur rechten in depositionem Crucis consecriert. Seind beyde von gemahlten Taffeln, vnd gleichlich eingefast. Der Chor altar ist mitt Antipendien vnd altär Tuöchern wol, die Taffeln, vnd gleichlich eingefast. Der Chor altar ist mitt Antipendien vnd altär Tuöchern wol, die pro sacris oleis alles silber vnd das Baptisterium werden gezimmender massen sawber vnd rein gehalten. Ein silber vergülter Kelch mitt der Paten ist vorhanden. Item ein silberin schüssel, mit sampt St. Johannes haupt, auf einem erhöchten fuoss. Desgleichen ein Rott damastiner fahnen, mitt einem weißen Creütz. Ein Mössin vergulte Monstrantzen vnd ein Missal.
Vor dem Venerabili hangett ein ewiges liecht. Ob dem Chor stehett ein spitziges Thürnlein darinnen zwo glogcken. Messgewänder, Alben vnd Corporalien seindt nach notturfft vorhanden. In diese kilrch gehörig in die 1200 Communicanten, vnd werden die heilige Sacramenta in selbiger (sitenmal es wie oben vermelt die rechte pfarrkirchen ist) ordentlich Administriert vnd sollen (nach lauth eines vorgewisnen jahrzeit buochs) außer Sonn- vnd feyrtägen von denen zum haus bestelten Priesteren alle wochen drey messen, als am zinstag, Donnerstag vnd Samstag hiermnen gelesen werden. Vnd ob gleich wählen vmb diese kirch hiebevor ein geweichter kirchhoff vnd sepultur der Abgestorbnen gewesen, so ist doch weilen der platz zuo klein, vnd die anzahl der Pfarrkinder mercklich zuo genommen, in vilen Jahren hiehero niemandt mehr begraben sonder die sepultur zu deren negst vnder disem haus erbauten filial kirche transferiert worden. Kain eigne sonderbare Einkommen hatt diese kirch, sondern muoß vom Orden in allem erhalten werden.
StAL, Johanniterarchiv, Ms. 85, enthält einen ähnlich abgefassten Visitationsbericht von 1660. In der Ordenskirche nennt er die drei Altäre Maria, Johannes Bapt. Und hl. Kreuz, in der Ortskirche die Altäre der hl. Dreifaltigkeit, Rosenkranz und Bartholomäus. Beim Ordenshaus erwähnt er einen schönen Brunnen, den Komtur von Sonnenberg für über 100 Kronen errichten liess.
StAL, Johanniterarchiv, Ms. 5, Visitationsbericht von 1706 unter Komtur Urs Heinrich von Roll ist zu entnehmen: Die Kirche der Komturei «ist gerad über dem Commenderie haus und ann denen rinkmauren gelegen». Sie wurde durch neue grössere Fenster und einen neuen Plattenboden verbessert. Zum Inventar gesellten sich ein Kelch von weiland Komtur von Roll, ein neues Ziborium, zwei hölzerne vergoldete Engel und eine Statue des hl. Antonius von Padua.
StAL, Johanniterarchiv, Ms. 6, Visitationsprotokoll von 1722 nennt als Neuerwerbungen der oberen Kirche: Einen von Pfarrer Beat Jakob Kydt gestifteten Kelch, ein hl. Grab von Holz «sauber illuminiert», unter Komtur von Roll 1706 bis 1714 wurden angeschafft sechs hölzerne, versilberte Kerzenstöcke, Messkännchen, eine rote Damastkasel mit Wappenschild, ein Vortragekreuz mit Korpus, hl. Johannes Bapt. und acht Medaillons besetzt.
Am 12. August 1724 schlug bei einem Gewitter ein Blitz in den Turm der Kirche. Turm und Kirche mussten restauriert werden.
StAL, Johanniterarchiv, Ms. N (Doppel 12), Visltationsbericht von 1788: Die beiden Seitenaltäre der oberen Kirche sind vor ungefähr 14 Jahren neu gemacht worden. Die Sakristei befindet sich rechts am Chor. Der Pfarrer bewohnt die Komturei. Die Pfisterei ist abgebrochen und durch die Kaplanei ersetzt worden.

Quelle: Adolf Reinle Kunstdenkmäler des Kantons Luzern.

 

Fundamentreste der 1813 abgetragenen Kirche. Foto Adelheid Aregger.Fundamentreste der 1813 abgetragenen Kirche. Foto Adelheid Aregger.

1796 schloss man mit KASPAR BÜTLER von Reiden einen Akkord, die beiden Seitenaltäre aus der oberen Kirche in Reiden — das heisst aus der dann 1813 abgebro­chenen Kirche der Johanniterkom­mende, die durch den 1796 geweih­ten Neubau der grossen untern Kir­che verwaist war — zu fassen und sie dem Äscher Hochaltar anzupassen.

	Kreuzigung Christi um 1600 Enthauptung Johannes des Täufers	Kreuzigung Christi um 1600 Kreuzigung Christi um 1600
Enthauptung Johannes des Täufers Kreuzigung Christi um 1600